Orchideen in Baden-Württemberg
Limodorum abortivum (L.) Sw.
Violetter Dingel
Synonyme: L. subriflorum
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Merkmale
Rhizomgeophyt mit zahlreichen, langen und tiefen Seitenwurzeln. Aus dem oberen Teil des Rhizoms entwickeln sich Knospen, die im nächsten Frühjahr Blütensprosse treiben. Nicht blühende Sprosse finden sich nicht. Der kräftige, stahlblau bis violette Stängel wird 25 - 75 cm hoch und bildet 2 - 5 Blätter, die dem Stängel dicht anliegen. Sie sind 4 – 7 cm lang und verleihen dem Stängel ein spargelähnliches Aussehen. Der Blütenstand ist mit 11 - 32 cm Länge langgestreckt und trägt 7 – 20 locker angeordnete, große Blüten, purpurviolette Blüten. Stängelblätter und Tragblätter sind violett bis grünlich-violett gefärbt. Der Fruchtknoten ist schlank, kantig, gedreht und liegt dem Stängel an. Er ist 17 – 30 mm lang und 4,8 – 6,5 mm dick. Die Blüten sind meistens ± geschlossen, nur selten voll geöffnet mit seitlich abgespreizten paarigen Sepalen und Petalen. Die seitlichen Sepalen sind 18 – 23 mm lang und 5 – 8 mm breit und dunkel geadert. Das mittlere Sepal ist eiförmig konvex, 20 – 23 mm lang und 10 – 13 mm breit; es ragt über die Säule. Die Petalen sind schmal lanzettlich und enden stumpf, Länge 14 – 20 mm, Breite 3 – 4 mm. Die Lippe ist in Hinter- u. Vorderlippe gegliedert, 16 – 20 mm lang und 11 – 12 mm breit. Die Hinterlippe ist rinnig und an den Seiten aufgewölbt; 4 – 5 mm lang und 4 – 8 mm breit. Die Vorderlippe ist herzförmig, konkav mit welligen Rändern, 12 – 15 mm lang und 11 – 12 mm breit, mit weißer Grundfarbe und violetten Längsadern. Der dicke Sporn (15 – 20 mm lang und 2 - 3 mm breit) ist etwa so lang wie der Fruchtknoten oder etwas länger; er liegt dem Fruchtknoten an. Die Pollinarien sind ungestielt mit gemeinsamer, nackter Klebdrüse. Pollinien gelb. Fruchtkapseln (30 – 37 × 10 – 13 mm). Obwohl kein Nektar gebildet wird, sind die frischen Blüten für Bienen attraktiv; wenn die Pollinien zerfallen, tritt Autogamie ein. Darum ist der Fruchtansatz mit über 80 % recht hoch.
Vegetations- und Blühzeiten
Die Art blüht ab Ende Mai bis Mitte Juni. Die Fruchtreife tritt im August ein.
Variabilität
Die Variabilität ist in Mitteleuropa gering. Selten sind teilweise weiße Blüten oder grün-gelbe Farbspielarten zu finden. Im östlichen Mittelmeerraum tritt die var. rubrum mit rötlichen Blüten auf.
Hybriden
Hybriden können im gemeinsamen mediterranen Verbreitungsgebiet mit L. trabutianum auftreten.
Unterscheidung von ähnlichen Arten
Verwechslungen sind kaum möglich. L. trabutianum kommt in Mitteleuropa nicht vor, hat eine abweichende Färbung und einen nur 2 – 4 mm langen Sporn.
Wuchsorte
L. abortivum bevorzugt trockenwarme Biotope in Kiefernwäldern, auch Eichen- und Buchenwäldern sowie Garriguen auf basischen oder kalkhaltigen Böden.
Verbreitung
Es handelt sich um eine mediterrane Art, die nur an besonders trockenwarmen Standorten nach Südwestdeutschland ausstrahlt. In Baden-Württemberg gibt es Fundorte am Oberrhein. Aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz sind nur wenige Vorkommen bekannt.
Gefährdung
Die Art ist in Baden-Württemberg stark gefährdet und im Saarland und Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedroht. Besonders gefährdet sind die Populationen durch Ausgraben sowie forstwirtschaftliche Maßnahmen.
Literaturhinweise
Der Text wurde überwiegend nach den folgenden Literaturangaben erstellt:
Baumann, H. (2005): Limodorum abortivum (L.) Sw.- In: Arbeitskreise Heimische Orchideen (Hrsg): Die Orchideen Deutschlands: 483 – 486.- Uhlstädt-Kirchhasel.
Baumann, H., Künkele, S. & R. Lorenz (2006): Die Orchideen Europas mit angrenzenden Gebieten:- Stuttgart.
Text: Dietrich Bergfeld
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